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Abgenommen (Marmor) von Ingrid Heidrich-Siggelaki Lieber Stein, es könnt´ so manche Frau erglühn, vor Neid und Missgunst Funken sprühn, wenn sie Dich sieht, wie neugeboren, weil Du hast an Gewicht verloren. Wie Du das siehst, ist schwer zu sagen, kenn´ Dich ja noch aus andren Tagen und fand auch damals, schwergewichtig, schon immer alles gut und richtig an Dir. Begannen einst, uns auszutauschen, des and´ren Sprache wollten lauschen. Einander zeigen, drauf erpicht, den Glanz vom jeweils eignen Licht. So hat wohl ein Prozess begonnen und Du hast dabei abgenommen. Klar war, dass harte, schwere Krusten zunächst dem Hammer weichen mussten. Auch nahmst im weiteren Verlauf noch manch´ Substanzverlust in Kauf. War´n wir im Einklang, und nur dann, fühlte sich alles richtig an. War´n wir es nicht, war ich erpicht auf meinen Weg, gab´s Misston und der klang recht schräg: „Wenn Du´s so willst, dann brech´ ich eben, ist zwar nicht ganz mein Hauptbestreben, auch lässt sich später dann nichts kleben ……..“ Und dennoch brach etwas ab. Hast also weiter abgenommen; doch hab´n wir meistens hinbekommen, uns wieder zu verstehen. Und nach und nach entstand eine Skulptur, die, wenn´s gelungen, im Licht sich zeigt, ganz ungezwungen, weich und leicht. Brauchst nicht wie Frau´n, die nach Diäten, zum Kaloriengott müssen beten: „Bring bloß nicht wieder Fett und Speck!“ Denn einmal weg, für immer weg!
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